Präklinischer Fascia-Iliaca-Block

Heute geht es um ein exotisches Thema, nämlich den präklinischen Einsatz von Regionalanästhesie zur ultraschallgezielten analgetischen Blockade der Nn. cutaneus femoris lateralis, femoralis und – umstritten (laut NYSORA) ob er auch immer miterfasst wird – obturatorius. Die Rede ist vom sog. Fascia-Iliaca-Block ~ FIB (Link). Unbestritten ist der innerklinische Nutzen des FIB bei Operationen an der Hüfte bzw. Frakturen des Oberschenkels.

Doch wie sieht das ganze präklinisch aus, z.B. bei einer Oberschenkelhalsfraktur? Klar ist, dass es nicht viele Daten diesbezüglich gibt (Link, Link, Link), auch wenn schon vom Verstand heraus nachvollziehbar ist, dass eine Nervenblockade ggü. einer systemischen Gabe von Analgetika (z.B. Fentanyl, Piritramid, Esketamin) stets vorteilhafter ist, da das Risiko für Delir oder systemische Nebenwirkungen (z.B. Atemdepression, Blutdruckabfall) erheblich reduziert ist. Der Patient erhält seinen Block und ist dann innerhalb von 5 Minuten komplett glücklich und schmerzfrei – und dabei auch völlig kontaktierbar! Ganz grundsätzlich ist zunächst mal also festzuhalten, dass aus diesen Gründen eine präklinische Blockade der obig genannten Nerven mittels rasch wirkendem Lokalanästhetikum (z.B. Lidocain oder das noch weniger cardiotoxische Prilocain) rein logisch betrachtet absolut sinnvoll ist.

Die relevanteste Komplikation (neben einer Schädigung von Strukturen) ist sicherlich die systemische Lokalanästhetikaintoxikation (LAST), wobei festzuhalten ist, dass die FIB heutzutage standardmäßig ultraschallgezielt erfolgt und somit eine Injektion des Lokalanästhetikums in die Blutbahn beinahe ausgeschlossen ist. LAST ist lebensbedrohlich, erfordert unmittelbares Handeln und eigentlich das Mitführen von Lipid Rescue (für den Fall der Fälle).

Klingt erst mal alles gar nicht so schlecht, oder?

Nun, betrachten wir das Ganze jetzt mal nüchtern. Es fängt schon mal damit an, dass außer anästhesiologischen Notärzten niemand diesen Block mit entsprechender Sicherheit beherrscht, um ihn unter widrigsten präklinischen Bedingungen sicher durchzuführen. Es hilft auch nichts, diesen Block 20x geübt zu haben und dann niemals wieder damit zu tun zu haben. Wie bei der Intubation muss daher ein regelmäßiges innerklinisches Training erfolgen.

Dann stellt sich wiederum die Frage, ob eine Schmerztherapie bei z.B. Hüft- oder Femurfraktur wirklich eine notärztliche Indikation darstellt. Der Notarzt ist ja primär für die Behandlung lebensbedrohlicher Zustände vorgesehen. Meiner Ansicht nach ist die Schmerztherapie als Notarztindikation primär zu verneinen, da Notfallsanitäter eine Analgesie ebenso effektiv durchführen können, z.B. in Kombinationsanalgesie mittels Paracetamol, Metamizol, Esketamin, Piritramid und Methoxyfluran. Und genau hier kommen wir zu einem weiteren Problem: der Nachforderung zur notärztlichen Schmerztherapie, wenn sämtliche Maßnahmen durch den Notfallsanitäter bereits ausgeschöpft worden sind. Man trifft dann vermutlich auf einen sedierten Patienten, der dann auch nicht über eine Regionalanästhesie aufgeklärt werden kann. Somit kann man den Patienten wegpuffen im Sinne einer Analgosedierung oder einfach wieder wegfahren.

Hinzu kommt, dass die Inzidenz z.B. einer Oberschenkelfraktur, die auf intravenöse Analgetika völlig refraktär ist, präklinisch vermutlich sehr niedrig ist, wodurch auch die Indikation zur Durchführung einer Regionalanästhesie fast nicht existent ist. Eine Rechtfertigung zum Mitführen der Utensilien ist somit nur schwer erklärbar.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass rein objektiv die Durchführung einer ultraschallgezielten Regionalanästhesie zur Schmerztherapie sehr wohl Sinn macht und ggü. einer i.v.-Analgesie zu bevorzugen ist. Jedoch sind das Indikationsprofil und Kompetenzniveau vieler Notärzte dermaßen fragil, dass eine präklinische Umsetzung nüchtern betrachtet völlig sinnlos ist. Lediglich im alpinen Setting scheint bedingt durch das Hochrisikoumfeld eine Etablierung von Regionalanästhesie sinnvoll.

Weitere Artikel zu Blöcken gibt es hier: AxPlex, EPSB und SCB.


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