Nierenkolik und Buscopan

Ein 30 jähriger Patient stellt sich mit plötzlich aufgetretenen, kolikartigen Flankenschmerzen links vor und gibt dabei Dysurie an. Du führst einen Ultraschall beider Nieren durch, links zeigt sich eine Hydronephrose Grad 1. Alles klar, Nierenkolik also höchstwahrscheinlich. Heißt Butylscopolamin (Buscopan) 20 mg i.v. und 500 ml Kristalloid. Schlecht ist ihm auch noch, gönnen wir 4 mg Ondansetron i.v.

Da erhältst du auf WhatsApp auch schon von einem Freund einen Link zu diesem Artikel. Er schreibt: „Buscopan hat bei der Nierenkolik nichts verloren. Anzeige ist raus.“ Na gut, lesen wir uns ein.

Butylscopolamin ist ein peripheres Anticholinergikum, das für seine relaxierende Wirkung auf die glatte Muskulatur geschätzt wird, beispielsweise bei Coloskopien. Ok, auch da gibt’s eigentlich ein Statement der Canadian Association of Gastroenterology, dass das nicht getan werden sollte. Als muscarinerger Antagonist kann es zu Tachycardie, Harnverhalt, Obstipation und verschwommenen Sehen führen. Viele Jahre wurde es regelhaft bei der Nierenkolik zur Analgesie und Förderung der Abpassage von Steinen eingesetzt (20-40 mg i.v.), die Evidenz dafür wird aber spätestens seit den Leitlinien der Dt. Gesellschaft für Urologie in Frage gestellt. Wortwörtlich steht dort: N-Butyl‐Scopolamin hat keinen Einfluss auf den Nierendruck, relaxiert nur in sehr hohen Dosen den peripheren Harnleiter und sollte somit nicht eingesetzt werden. Das sitzt. Die wissenschaftliche Empfehlung beruht unter anderem auf dem BUSCOPAN-Trial sowie zwei anderen Studien (Link, Link). Dabei wird auch festgehalten, dass der Opioidbedarf nicht gesenkt wird.

Und wie nehme ich dann also Schmerzen? Als 1. Wahl gelten laut der Leitlinie der DGU aufgrund gleicher oder gar besserer Wirksamkeit die Nicht-Opioide, dh Paracetamol, Metamizol (potent krampflösend) und NSAR wie Diclofenac. Erst wenn diese Medikamente nicht den gewünschten Erfolg bringen, können Opioide zugeführt werden (zB Piritramid, Fentanyl). Auf eine hinreichende Hydrierung (zB Kristalloid 500 ml i.v.) ist zu achten, um die Steine auszuspülen. Urologisch kann unter anderem mittels extracorporaler Stoßwellenlithotripsie eingegriffen werden.

Cheers.


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