Bailey-Manöver

Heute geht es um eine besondere Extubationstechnik, die ausschließlich durch erfahrene Anästhesisten angewendet werden darf. 1995 wurde sie von Dr. Paul Bailey, Anästhesist und Intensivmediziner aus Großbritannien, beschrieben. Im Kern wird vor der Narkoseausleitung eine Larynxmaske (LM) am noch intubierten Patienten eingeführt, gecuffed und der Tubus schließlich entfernt. Die Anwendung verbietet sich jedoch bei erhöhtem Aspirationsrisiko oder schwierigem Atemweg.

Aber was genau ist der Sinn dahinter? Das Problem ist, dass ein Trachealtubus von Patienten, die aus einer Narkose erwachen, regelhaft schlecht vertragen wird. Es kommt zu Husten, Würgen, Pressen, Kreislaufentgleisungen, Anhalten der Atmung und im schlimmsten Fall auch signifikanten Hirndruck- bzw. Augeninnendruckanstiegen und Nahtinsuffizienzen (Dehiszenz, Blutung). Das alles sind Effekte, die wir bei speziellen Patientengruppen einfach nicht haben wollen, nämlich z.B. nach Operationen am Gehirn, Auge, Schilddrüse oder im Bauch. Aus Erfahrung wissen wir, dass eine LM beim Aufwachen meist gar keinen Reiz darstellt. Der Patient blinzelt mit den Augen, öffnet auf Aufforderung den Mund und die LM wird gezogen. Das war also der Hintergedanke von Dr. Bailey. Tatsächlich zeigt die Datenlage, dass diese Idee mit Vorteilen für Patienten assoziiert ist (Link, Link, Link, Link, Link), da genau obige Probleme vermieden werden und die Inzidenz an respiratorischen Komplikationen gesenkt wird. Das Bailey-Manöver wird von der Difficult Airway Society (Link) bzw. der American Society of Anesthesiologists (Link) als Extubationsoption gelistet.

Mittlerweile gibt es eine modifizierte Methode, welche 2019 vorgestellt worden ist. Es wird nach Narkoseeinleitung eine LM eingeführt und gecuffed, dann bronchoskopisch intubiert und vor Narkoseausleitung der Tubus wieder entfernt, während die LM verbleibt. Vorteile sind u.a. ein weiterer Schutz vor Aspiration durch die LM, bronchoskopische Übungsmöglichkeit für den Arzt, Evaluierung der Atemwege sowie fehlende Atemwegsreizung am Ende der OP durch Neueinlage einer LM.

Zusammenfassend ist das Bailey-Manöver ein weiteres Tool im Atemwegsarsenal von Anästhesisten. Wiewohl ich Patienten üblicherweise im Tiefschlaf unter effektiver Spontanatmung und Überwachung mittels Relaxometrie extubiere, ist das Bailey-Manöver eine interessante und vielleicht auch sicherere Alternative.

Cheers.


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