Atemweg bei CPR

Zu den wichtigsten Maßnahmen im Rahmen einer Reanimation gehören eine qualitativ hochwertige Herzdruckmassage, die Anwendung eines Defibrillators, die Behebung reversibler Ursachen sowie eine suffiziente Oxygenierung. Sofern der Atemweg noch nicht gesichert ist erfolgt die O2-Zufuhr initial entweder über die Mund-zu-Mund-Beatmung (z.B. Laienreanimation des Ehepartners) oder spätestens bei Eintreffen von Sanitätern bzw. Notärzten mittels Maskenbeatmung. Bei prolongiertem Bestehen der CPR stellt man sich natürlich die Frage, wie man den Atemweg bestenfalls versorgen soll. Zur Auswahl stehen der Larynxtubus (LT), die Larynxmaske (LM), der Trachealtubus (TT) und die Coniotomie. Auf den LT sowie die Coniotomie möchte ich hier nicht näher eingehen, insbesondere da- und das unterstelle ich jetzt einfach mal – sowieso niemand in beidem geübt ist. Der LT findet ja nicht einmal innerklinisch eine Anwendung – somit muss man sich schon die Frage stellen, wieso man etwas in der Notfallmedizin nutzen soll, worin niemand wirklich geübt ist. Glücklicherweise stellen immer mehr RTWs und NEFs / NAHs auf die LM um.

Zwar gilt der TT als Goldstandard der Atemwegssicherung (beinahe 100%iger Aspirationsschutz, Absaugen der Lunge, Hochdruckbeatmung z.B. bei Adipositas möglich, etc.), jedoch ist die zügige, schonende und korrekte Intubation ein erhebliches Unterfangen, insbesondere im Notfall bzw. bei Reanimationen wo per se schon erschwerte Intubationsbedingungen herrschen. Eine größere Aufarbeitung findet ihr in unserem Beitrag über die präklinische Intubation (Link). Vom ERC wird in den neuesten Leitlinien klargestellt, dass eine Intubation im Rahmen der Reanimation nur durch jemanden durchgeführt werden soll, der den Tubus innert 5 Sekunden einführen kann und spätestens beim 2. Versuch zu 95% gesichert bekommt. Dies trifft somit regelhaft auf Anästhesisten zu. Diese Arbeit aus der Schweiz konnte zeigen, wie wichtig der Einsatz von anästhesiologisch trainierten Notärzten ist, um eine effektive Atemwegssicherung unter widrigsten Bedingungen zu erzielen. Diese Erkenntnis ist wichtig, da bei CPR erschwerte Bedingungen und somit eine höhere Inzidenz an schwierigen Atemwegen anzutreffen ist. Die Anwendung des Videolaryngoskops ist somit auch Atemwegsexperten zu empfehlen (Link). Laut dieser Arbeit braucht es mindestens 240 Intubationen, um im Rahmen der CPR eine hochqualitative Intubation mit einer Erfolgsquote von mindestens 90% zu erreichen. Somit ist festzuhalten: laut Evidenz ist die Intubation im Rahmen der CPR dem anästhesiologisch trainierten Arzt zu überlassen. Der First-Pass-Success scheint mit der ROSC-Rate zu korrelieren (Link).

Somit stellt sich natürlich die Frage, ob die Intubation bei CPR tatsächlich so zu priorisieren ist oder ob darin Ungeübte nicht doch einen alternativen Atemweg gleich primär einsetzen sollen. Als Rescue-Device ist im Allgemeinen die Larynxmaske fest etabliert (jene der 2. Generation, denn diese hat einen gastralen Kanal zum Absaugen des Magens, was das Aspirationsrisiko reduziert und die Beatmung durch Volumenreduktion des Magens verbessert). Diese Arbeit konnte nachweisen, dass unter klinischen Bedingungen nach ca. 40 Larynxmasken eine fast 100%ige Wahrscheinlichkeit entsteht, dass man im ersten Versuch die LM richtig setzt und auch suffizient beatmet. Dies entspricht einer erheblich niedrigeren Fallzahl als bei der trachealen Intubation. Somit sollte der Fokus der Atemwegsausbildung bei Notfallsanitätern auf der Larynxmaske liegen, wie von der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin bereits eingefordert (Link).

Wie performed die LM gegen den TT bei der CPR? Jetzt wird es so richtig spannend. Eine Leitarbeit, nämlich AIRWAYS-2, untersuchte bei tausenden Patienten die Anwendung von LM vs. TT durch englische Paramedics und kam zu Schluss, dass es für ein funktionell gutes Outcome (0-3 auf der modifizierten Rankin-Skala) nach 30 Tagen keinen Unterschied macht, ob der Atemweg mittels LM oder TT gesichert wird. Heißt im Klartext: es ist egal ob man den Atemweg primär mittels LM oder TT sichert. Einen großen Haken hat die Studie jedoch. Sieht man sich die Rate an erfolgreichen Intubationen nach 2 Versuchen an, so ist erschreckenderweise ersichtlich, dass diese lediglich bei 79% liegt (somit ist dies fernab der Empfehlung des ERC 2021). Bei der LM-Gruppe betrug der Prozentsatz 87,4%. Ob man anhand solch einer schlechten Performance der Intubateure wirklich gewissenhaft eine Conclusio ziehen kann, ist mehr als fragwürdig. Es zeigt aber erneut, dass die Intubation bei CPR keinesfalls durch Ungeübte zu erfolgen hat. In dieser Arbeit bzgl. Atemwegsmanagement bei CPR konnte gezeigt werden, dass trainierte Ärzte eine erfolgreiche Intubationsrate von beinahe 99% erreichen konnten. In dieser Metaanalyse war die Intubation vgl. zum supraglottischen Atemweg (SGA) mit erhöhter ROSC- und Überlebensrate assoziiert, während in dieser Arbeit kein Unterschied besteht.

Ihr seht: das Thema ist hochkomplex und es gibt unterschiedliche Studien und Meinungen. Sollte das Setzen des LM bzw. des TT nicht wie gewünscht gelingen, so ist die Maskenbeatmung durchzuführen. Ganz allgemein spricht absolut nichts dagegen (Link), die initiale Oxygenierung und Ventilation zunächst durch eine effektive Maskenbeatmung zu garantieren. Ich persönlich intubiere Patienten erst nach Sicherstellung einer suffizienten BLS-Reanimation (Herzdruckmassage, Defibrillator, Oxygenierung) und Etablierung eines i.v.-Zuganges mit Vorbereiten der ALS-Medikamente und des Atemwegsbestecks, während ich mir parallel einen Überblick über die Situation schaffe. Mit Glück erreicht der Patient vielleicht in den ersten Minuten sogar einen ROSC und ist im besten Fall nach kurzer, hocheffektiver CPR-Dauer und kurzer Arrestdauer auch noch komplett ansprechbar. Sollte dies nicht der Fall sein, so kann ich mich nach einem Teamtimeout und Durchgehen der reversiblen Ursachen immer noch für die Narkoseeinleitung (bei ROSC) und Atemwegssicherung entscheiden. Spätestens für den Transport muss man sich jedenfalls eine Atemwegsstrategie überlegen, auch im Sinne der Mitarbeitersicherheit (niemand von uns wird am Transport im Stehen maskenbeatmen).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Atemwegsstrategie von den Umständen sowie der Erfahrung der anwesenden Personen abhängig ist. Eine eindeutige Antwort, ob LM oder TT besser ist, gibt es nicht (Link), auch wenn z.B. in dieser Arbeit die reine Maskenbeatmung ohne erweitertes Atemwegsmanagement mit einem schlechteren Outcome (survival to discharge) als LM oder TT assoziiert wurde (Link). Viel wichtiger als das einzelne Device sind die Kompetenz des Durchführenden, eine qualititativ hochwertige CPR sowie die dynamische Entscheidungsfindung (Link).


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